Selbstliebe & Selbstfürsorge - Antje Heimsoeth
Selbstliebe & Selbstfürsorge
22. Juni 2020
Podcast: Crisis Leadership - Führen in schwierigen Zeiten - Antje Heimsoeth
Podcast: Crisis Leadership – Führen in schwierigen Zeiten
3. Juli 2020
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Sportmentaltraining: Umgang mit Niederlagen und Fehlern

Sportmentaltraining: Umgang mit Niederlagen und Fehlern - Antje Heimsoeth

„Es ist im Leben die größte Herausforderung, mit den Niederlagen richtig umzugehen.“
Jürgen Klopp nach der BVB-Niederlage im DFB-Pokalfinale 

Fehler sind Wegweiser zum Erfolg
Kein Sportler ist frei von Fehlern oder Niederlagen. Erfolgreiche Trainer und Athleten wissen, das Beste daraus zu machen! Die Basketball-Legende Michael Jordan bringt es in einem seiner berühmtesten Zitate auf den Punkt: „In meiner Karriere habe ich mehr als 9000-mal nicht getroffen. Ich habe fast 300 Spiele verloren. 26-mal habe ich den entscheidenden Wurf versiebt. In meinem Leben habe ich immer wieder versagt. Und genau deshalb bin ich so erfolgreich!“ Michael Jordan wusste, den Nutzen aus seinen Fehlern und Niederlagen zu ziehen. Dabei half ihm die Reflektion und Analyse. Keine Frage, unmittelbar nach einem verpatzten Durchlauf oder einem verlorenen Spiel steht niemandem der Sinn nach einer nüchternen Bilanz. In diesen Momenten haben uns zunächst die Gefühle fest im Griff. Ärger, Trauer und Enttäuschung fordern ihren Tribut. Diese Gefühle brauchen ihren Raum. Wichtig ist jedoch, in diesen negativen Emotionen nicht zu verharren. Machst du dich nach einer Niederlage selbst fertig, wertest du dich permanent ab durch Sätze wie „Ich bin einfach zu blöd!“, sabotierst du dich selbst. Du gibst dich auf diese Weise regelrecht auf und bewegst dich auf einer emotionalen Abwärtsspirale. Resignation, Demotivation, Angst und Stress übernehmen dann das Ruder. Das ist fatal, denn es blockiert dich und kann zu weiteren schlechten Leistungen führen. Aus dem Gefühl des Versagens lässt sich keine Kraft schöpfen, wohl aber aus dem Gefühl, eine Lernaufgabe zu haben und diese bewältigen zu wollen.

Das Triple A-Prinzip
Wladimir Klitschko hat seine überraschende Niederlage akzeptiert, analysiert, Erkenntnisse daraus gezogen und sie dann abgehakt. Nachdem er wusste, woran es gelegen hat, gab es keinen Grund mehr an sich selbst zu zweifeln. Schließlich hatte er es künftig in der Hand, dem Gegner keine unnötigen Schwachstellen zu bieten.
Fatal wäre es hingegen gewesen, er hätte diese Niederlage immer vor seinem inneren Auge gehabt. Wozu das führen kann, zeigt das Beispiel eines Klienten von mir: Er war in der Jugend erfolgreicher Judoka, mehrfacher Bayerischer und Deutscher Meister, im Bundeskader, und verlor zwei Jahre lang keinen einzigen Kampf. Als er das erste Mal wieder einem Gegner unterlag, war er so verunsichert, dass er danach jeden Kampf verlor. „Der Bundestrainer klärte mich auf: Du hast das Verlieren verlernt“, berichtet mein Klient. „Diese erste Niederlage seit langem bekam ich nicht mehr aus dem Kopf, nahm sie mit in die nächsten Kämpfe und verlor wieder. Das machte mich immer unsicherer, ein Teufelskreislauf.“ Sein Trainer und ich bauten sein Selbstbewusstsein wieder auf, schließlich hatte der Judoka nicht von heute auf morgen Judo verlernt. Sein Fazit seitdem: „Nach der Analyse muss die Niederlage aus dem Kopf!“
Und deshalb empfehle ich jedem, der Fehler und Niederlagen nutzbringend verarbeiten möchte, das Triple A-Prinzip: akzeptieren, analysieren, abhaken! Die Spitzensportler, mit denen ich für dieses Buch gesprochen habe, hatten eines trotz unterschiedlichster Disziplinen gemeinsam: Sie haben ihre Fehler analysiert, entsprechend im Training etwas verändert und danach wieder nach vorne geschaut.

Akzeptanz, das erste A des AAA-Prinzips:
Damit fängt alles an. Akzeptanz und Annehmen sind die Voraussetzungen für das Lernen aus Fehlern. Klagen, jammern und „Was wäre …, wenn…“-Fragen bringen dich nicht weiter. Akzeptiere, dass deine Performance und/oder die deines Teams nicht optimal waren. Es hilft nicht, aus einer erfolglosen Strategie eine „unglückliche Wende“ herbeizureden,  anderen die Schuld am Scheitern zuzuweisen, denn dann gehe ich aus meiner Verantwortung, oder Niederlagen zu verdrängen.
Der ehemalige Skispringer Sven Hannawald sagt dazu: „Manche Dinge kann man nicht verleugnen oder verdrängen – wenn man sich den Niederlagen nicht stellt, dann passiert das, was mir passiert ist: Burn-out.“ (Heimsoeth, 2015, S.133).

Für den ehemaligen Nationaltorwart Oliver Kahn ist die Akzeptanz der Niederlage, aus der eine Analyse resultiert, auch Ausdruck mentaler Stärke: „Ich mag Sportler, die sich hinterher hinstellen und sagen: Das war wirklich Mist, aber ich habe heute wahnsinnig viel gelernt. Beim nächsten Mal, da mache ich es viel besser. Die meisten sind ja wirklich völlig geknickt und zerbrochen. Ganz schlimm finde ich diejenigen, die dann andere für die Niederlage verantwortlich machen. Oder die höheren Mächte. Welche höheren Mächte?  Mentale Stärke ist, hinterher zu sagen: Fatale Niederlage erlitten – aber ich habe daraus gelernt und mache es beim nächsten Mal besser. Ich konnte das auch anfangs nicht. Im Gegenteil, ich war am Boden zerstört 1999. Aber mit immer mehr Erfahrung konnte ich mir dann selbst sagen: Beim nächsten Mal, da mache ich es ganz anders.“
Sobald man einen Fehler akzeptiert, nimmt man ihm die Kraft und negative Energie.

Analyse, das zweite A:
Nimm dir vor der Analyse Zeit genug, um negative Stressgefühle abzubauen (durch körperliche Betätigung, Musik hören, Wutball drücken, Gespräche etc.), sonst ist dein Kopf nicht frei für eine klare Analyse. Achtung: Richte bei deiner Analyse (am besten schriftlich) den Fokus nicht nur auf Schwächen und Defizite!

  • Was waren Faktoren für den Misserfolg?
  • Was lief gut? Welche Stärken kamen zum Tragen?
  • Was fehlte? Was ist schief gelaufen?
  • Wo hast du vielleicht etwas im Training nicht verstanden? In welchen Bereichen ist dein Wissen um Technik, Taktik, … fehlerhaft oder unvollständig?
  • Was haben wir als Mannschaft zu lernen und in Zukunft besser zu machen? Was und wie lässt es sich beim nächsten Mal besser machen?
  • Wie lässt sich der Fehler vermeiden?
  • Was konkret lässt sich verändern? Denn äußere Einflüsse wie Umgebung, Richter, Gegner, Wetter kann ich nicht ändern.

Wichtig: Bei deinen Schlussfolgerungen helfen kein „ich muss“ oder „die anderen müssen“  Veränderung beginnt bei uns selbst. Ebenso wenig nützt es dir, sich und andere global abzuwerten („ich bin ein Versager“, „der andere taugt nichts“) oder zu katastrophisieren („es wäre absolut schrecklich, wenn…“).

Oliver Kahn hat jede Niederlage für sich untersucht, mit dem Blick nach vorne: „Ich analysiere genau, was ich jetzt verkehrt gemacht habe und freue mich aufs nächste Mal. Wenn mir das Gleiche wieder passiert, dann schaue ich mal, wie ich reagiere.“
Diese positive Sichtweise prägt auch das Handeln des Eishockeytrainers Michael Pohl nach einer Niederlage: „Rückschlägen hänge ich nicht lange nach, sondern versuche, sie in positive Energie umzuwandeln, insofern dass sie zumeist zum richtigen Zeitpunkt kommen und einen Missstand aufdecken und um das „Jetzt erst recht – Gefühl“ weiter zu fördern und zu stärken!“

Abhaken, das dritte A:
Ziehe einen Schlussstrich unter die erlittene Niederlage. Sie ist Vergangenheit, du kannst sie nicht mehr rückgängig machen. Konzentriere dich auf dein Handeln im Hier und Jetzt. Verbanne nach der Analyse Gedanken an die Niederlage aus deinem Kopf, sonst blockierst du dich beim weiteren Handeln. Der ehemalige Bobpilot Karl Angerer weiß, wie wichtig das ist: „Bei uns im Wettkampf – so ein Lauf dauert ja nur eine Minute, bei Weltmeisterschaften sind es vier Läufe – muss man natürlich genau in dieser Minute vollkommen da sein. Wenn der erste Lauf nichts war, muss man das relativ schnell wieder abhaken können, dem nicht hinterherlaufen.“ Gerade wenn weitere Herausforderungen auf einen Athleten oder eine Mannschaft warten, ist es enorm wichtig, erlittene Niederlagen schnell zu verarbeiten. Als der 1. FC Bayern im DFB-Pokal 2015 im Halbfinale gegen Borussia Dortmund verlor, war das eine Niederlage, die es schnell zu verschmerzen galt, schließlich standen die Bayern eine Woche vor  dem Champions League-Halbfinale in Barcelona. Lange waren die Bayern-Spieler gegen Dortmund überlegen gewesen und verloren dennoch. Damit verloren sie auch die Aussicht auf ein zweites Triple in der Vereinsgeschichte. Die damit einhergehende Enttäuschung darf jedoch nicht die weiteren Spiele überschatten, sonst drohen erneut Niederlagen.

Das Abhaken von Niederlagen fällt nicht immer leicht, weder Athlet noch Trainer. Diesen Lernprozess beschreibt der ehemalige Handball-Nationaltrainer Armin Emrich: „Perfektionsstreben zurückschrauben, Distanzierungsfähigkeit von Niederlagen aufbauen, das musste ich selbst lernen. Je erfahrener die Spieler sind, desto abgeklärter sind sie. In der Sportlersprache: desto „abgezockter“ sind sie. Das hat nichts damit zu tun, Niederlagen auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern ganz einfach frühzeitig eine Distanzierungsfähigkeit von Niederlagen zu entwickeln und sie in positive Energie umzumünzen, weil alles andere die Regenerationszeit verkürzen würde und das wäre ein Fehler.“

Auszug aus meinem Buch „Sportmentaltraining“ mit einem Vorwort von Oliver Kahn: https://sportmentaltraining-antje-heimsoeth.de/

Mehr zum Thema „Mentale Stärke für Sportler und Trainer“ in meinem Online Training „Sportmentaltraining“: https://angebot.antje-heimsoeth.de/online-kurs-sportmentaltraining/

Weitere Blogartikel über Sportmentaltraining
Was ist eigentlich Sportmentaltraining ? – https://www.heimsoeth-academy.com/was-ist-eigentlich-sportmentaltraining-und-coaching
Mit mentaler Stärke ans Ziel
Techniken für den Umgang mit der Angst

Termine
Seminare Sportmentaltraining: https://www.heimsoeth-academy.com/seminare-sport-mental-training/
Ausbildung zum Sport Mental Coach, ECA: https://www.heimsoeth-academy.com/mental/sport-mental-coach-ausbildung/

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